Schulgeldakte Stratmann
Inzwischen konnte ich die Protokolle und Berichte der Schulgeldakte wegen des Gesuchs auf Befreiung von der Zahlung des doppelten Schulgeldes bzw. Zuweisung der Kinder zur Schule in Kneheim, das meine Ururgroßeltern 1865 bzw. 1873 gestellt haben, größtenteils entziffern.
An einigen Stellen allerdings nur mit tatkräftiger Unterstützung anderer Familienforscher, wofür ich mich auch an dieser Stelle nochmals bedanken möchte.
Es wurde also der Schulachtsausschuss der Schule Vahren Schmertheim Ambühren zu dem Gesuch meines Ururgroßvaters vernommen. Wie sich aus einem Protokoll vom 05.01.1865 ergibt, waren die Mitglieder des Schulachtsausschusses der Meinung, dass die Gründe, die mein Ururgroßvater in seinem Gesuch anführte, nicht so erheblich seien. Auch die Differenz von 500 Schritt Entfernung vom Haus meiner Ururgroßeltern zu den beiden Schulen sei nicht so „bedenkbar“.
Bei der Abtretung der Wege ging man den Weg von Stratmanns Haus die „Chaussee entlang bis zu dem Wege welcher nach Kneheim ab und über das Esch vor Peeks Hause hinführt“.
Nach Vahren ging man „von Stratmanns Haus bei Macken lang“ … „und so nach Willen Hause zu und von hier durch den kleinen Esch bis zur Vahrener Schule“.
Der hauptsächliche Grund, dass man dem Gesuch nicht stattgeben wollte, war, wie bereits im März-Blogbeitrag geschrieben, das man befürchtete, dass auch die übrigen Bewohner an der Chaussee sich von der Schule in Vahren trennen würden, da ihre Kinder ebenfalls besser nach Kneheim oder Stapelfeld gehen könnten, wenn meinem Ururgroßvater die Befreiung bewilligt worden wäre. Es waren wohl insgesamt 7 Anbauer, Eigner und Heuerleute, wovon zwei „in der Nähe der Stratmannschen Haustür belegen“ waren.
Der Weg nach Vahren war so beschaffen, dass er „passirt“ werden konnte und man war auch bereit, diesen Weg „in gehörigen Stand“ zu setzen, dort wo es an einer „guten Beschaffenheit fehle“, wenn mein Ururgroßvater seine Kinder zur Vahrener statt zur Kneheimer Schule gehen lassen würde.
Man sah auch ein, das der Weg nach Kneheim wohl in einem besseren Zustand war als nach Vahren und dass Stratmann seine Kinder auch deshalb lieber nach Kneheim zur Schule gehen lassen wollte, weil dort Verwandte meiner Ururgroßmutter lebten, dennoch wollten die Schulachtsausschussmitglieder ihre Zustimmung zu dem Gesuch nicht geben, zumal die Schulacht Vahren-Schmertheim-Ambühren „sich nur in geringen Vermögens=Verhältnissen befinde“ und daher diesen Nachteil nicht tragen könne.
Auch zu den Vermögensverhältnissen meines Ururgroßvaters erfahre ich ein wenig, so heißt es dass dieser „sich zwar erst vor 2 Jahren in der Vahrener Mark angebaut“ hat, „ derselbe lebt indeß nicht allein von seiner angebauten Stelle sondern hauptsächlich von seinem Frachtfuhrwerk und dem damit verbundenen Geschäfte“ und es wird bemerkt, dass seine „Vermögensumstände gut sind“.
Am 25.Januar 1865 wird mitgeteilt, dass das Gesuch nicht bewilligt wurde.
6 Jahre später, am 14. Mai 1871 stirbt mein Ururgroßvater wenige Tage vor seinem 41. Geburtstag.
Am 24.02.1873 lädt das Verwaltungsamt Cloppenburg die Mitglieder des Schulachtsausschusses der Schule Vahren-Schmertheim-Ambühren auf Donnerstag, den 6. März 1873 um über das Gesuch der Witwe Stratmann von der Befreiung von Zahlung des Schulgeldes an die Schule Vahren und Zuweisung ihrer Kinder zu der näher belegenen Schule in Kneheim vernommen zu werden.
Auch hier wird gleich zu Beginn des Protokolls klar, dass der Ausschuss es nicht gerne sehen würde, wenn die Kinder der Witwe Stratmann, die schon mehrere Jahre nach Kneheim zur Schule gehen, der Kneheimer Schule zugewiesen und so von der Zahlung des Schulgeldes in Vahren befreit werden würden. Man befürchtete weiterhin, dass die übrigen „Schulachtgenossen welche unweit Stratmann an der Chaussee wohnten“, dann ebenfalls darum nachsuchen, würden.
Offenbar wurde hier wieder die Entfernung zu beiden Schulen abgetreten, wobei diesmal die Entfernung von Stratmanns Haus zur Schule Vahren pp. mit 3800 Schritt, bis zur Kneheimer Schule mit 2800 Schritt angegeben wird und somit die Schule in Kneheim nun 1.000 Schritt näher am Haus meiner Ururgroßmutter liegt.
Lt. diesem Protokoll wurde von der Witwe wohl eine größere Entfernung angegeben als sich bei dieser Abtretung ergeben hat. Das Gesuch meiner Ururgroßmutter liegt mir aber leider nicht vor, sodass ich dieses nicht näher überprüfen kann.
Nach dem Tod meines Ururgroßvaters hatten sich die Vermögensverhältnisse offenbar verschlechtert, „man sehe wohl ein, daß es der Wittwe Stratmann bei ihren jetzigen Vermögens=Verhältnissen lästig falle doppeltes Schuldgeld für 4 Kinder zu zahlen“.
Man wollte aber weiterhin nicht alle Kinder von der Schuldgeldzahlung befreien.
Zu diesem Zeitpunkt war der Sohn (Johann Heinrich) Theodor Stratmann 15 Jahre, 11 Monate, der Sohn (Johann Heinrich) Gerhard Stratmann 14 Jahre, 7 Monate, mein Uropa (Johann) Heinrich Stratmann 12 Jahre, 9 Monate, der Sohn (Bernard) Anton Stratmann 10 Jahre, 4 Monate, die Tochter (Maria Josephina Engelina) Lina Stratmann 6 Jahre, 11 Monate und der Sohn (Johann Bernd) August Stratmann 4 Jahre, 11 Monate alt.
Man war nun bereit, die Kinder unter 10 Jahren von der Zahlung des Schulgeldes für die Vahrener Schule zu befreien, auch wenn sie die Schule in Kneheim besuchten, die Kinder über 10 Jahren sollten aber das volle Schulgeld an die Vahrener Schule zahlen, auch wenn diese nach Kneheim zur Schule gingen. Diesen würde es nicht mehr „lästig fallen“ den etwas längeren Weg zur Vahrener Schule zu nehmen. Sonst könnte der Ausschuß der Befreiung von der Zahlung des Schulgeldes nicht zustimmen.
Am Donnerstag, den 3. April 1873 wird die Witwe Stratmann zu ihrem Gesuch vernommen.
Sie bemerkt, dass es nicht angehen könne, die kleineren Kinder alleine nach Kneheim gehen zu lassen. „Sie habe jetzt an schulpflichtigen Kindern ein Mädchen 7 Jahre alt, Sohn 9 ½ Jahre, Sohn 13 Jahre, Sohn 13-15 Jahre, welcher letztere in diesem Frühjahr die Schule verlassen werde“ Außerdem habe sie noch einen 5jährigen Sohn.
Die vier schulpflichtigen Kinder dürften gewesen sein:
(Johann Heinrich) Gerhard, er ist wohl der erwähnte 13-15 jährige Sohn, der in dem besagten Frühjahr die Schule verlässt. Mein Uropa (Johann) Heinrich, der Sohn (Bernard) Anton, der allerdings 10 ½ Jahre und nicht, wie angegeben, 9 ½, Jahre alt ist, sowie die Tochter (Maria Josephine Engelina) Lina.
Die Beschaffenheit des Weges wird auch hier wieder erwähnt und man erfährt folgendes:
Vom Haus Stratmann war der Weg bis zum Esch „nicht geworfen“ „dann gehe meist ein Wagenweg durch den Esch, welcher ebenfalls als Fußweg benutzt werden müße“. Es gab einen zweiten Weg, dieser ging vom Esch nach Rademachers Haus, welcher ebenfalls als Fahr- und Fußweg benutzt werden konnte, dieser „sei zwar aufgeworfen aber nicht genügend“. Der Boden wird als lehmig und daher bei Regenwetter „nicht zu passiren“ beschrieben.
Die Witwe Stratmann bittet darum, dass ihr gestattet werde, die Kinder weiterhin, wie sie es immer getan haben, nach Kneheim zu Schule gehen zu lassen. Als Hauptgrund gibt sie die Länge des Weges an.
Am 7. Mai 1873 wurde dem Ausschuss die Erklärung der Witwe Stratmann bekannt gemacht. Der Ausschuss blieb bei seiner Erklärung, die er am 06.03. zu Protokoll gegeben hatte. Die Witwe hatte wohl auch erklärt, dass die Schule in Kneheim mit der Hälfte des Schulgeldes zufrieden sei. Der Ausschuss bemerkt aber, dass er sich darauf nicht einlassen könne. Die Schulachtausgaben wurden immer größer und man wollte wohl auch nicht glauben, dass die Kneheimer Schule tatsächlich mit der Zahlung des hälftigen Schulgeldes zufrieden sei.
Meine Ururgroßmutter wird erneut geladen, um abermals zum Gesuch vernommen zu werden und zu diesem Termin am Donnerstag, den 15. Mai 1873, eine entsprechende Bescheinigung der Kneheimer Schule beizubringen.
In diesem Termin musste die Witte dann erklären, dass die Kneheimer nun eine solche Befreiung nicht mehr „zugestehen wollen“. Aus diesem Grunde wollte sie nun doch das Angebot der Vahrener Schule annehmen, nur für die Kinder über 10 Jahren das Schulgeld für die Vahrener Schule zu zahlen und die Kinder unter 10 Jahren davon befreit werden würden.
Aus diesem Protokoll ergibt sich nun, dass der eine der beiden älteren schulpflichtigen Söhne, Anton, der zu diesem Zeitpunkt noch keine 11 Jahre alt war, während des Sommers 1873 beim Zeller Schmold in Nieholte diene und daher doch die Schule in Kneheim besuchen würde und der zweite, „Heinrich der Ältere bei dem Wirth Kahsen an der Crapendorfer Kämpe für diesen Sommer diene“ und diesen Sommer in Sevelten zur Schule ging und daher von der Schulgeldzahlung in Vahren befreit worden sei. Hierbei dürfte es sich um meinen Uropa handeln.
Die Witwe sollte entsprechende Bescheinigungen wegen der Schulbesuche in Kneheim und Sevelten beibringen und den Lehrern in Vahren davon „anzeige machen, wenn sie hier für diesen Sommer von der Zahlung des Schulgeldes befreit sein wolle“. Ob das geschehen ist, ergibt sich nicht aus den Unterlagen.
Am 9. Juli 1873 wurde der Witwe Stratmann bekannt gemacht, daß das Oberschulcollegium verfügt hatte, dass ihr Gesuch um Befreiung von Zahlung des Schulgeldes nicht bewilligt werden konnte.
Niedersächsisches Landesarchiv Oldenburg
NLA OL, Best. 76-20, B Nr. 247
Schulacht Vahren-Schmertheim-Ambühren, Ausführung des Unterrichts, Befreiung vom Schulgeld
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